Schnaubelt (cs) Das erste Testspiel der neuen Saison hat der VfL Bochum gegen Kickers Emden mit 9:2 gewonnen. Doch so klar, wie der Sieg gegen den Oberligisten aus Friesland auf dem Papier aussieht, war der Test nicht. Denn der VfL zeigte in Gevelsberg zeitweise alte Schwächen in der Abwehr und neue Stärken im Sturm.
Die Euphorie rund um den VfL Bochum vor dem Start der Bundesliga-Saison 23/24 ist weiterhin groß. Nachdem letzte Woche rund 1.500 Besucher dem ersten Training im Vonovia – Ruhrstadion beiwohnten, wohnten dem ersten Testspiel am 11. Juli in Gevelsberg rund 1.700 Zuschauer bei. Nach einer intensiven Trainingsphase und bei 32 Grad Temperatur waren die Beine der VfL – Profis schwer. Trotzdem entwickelte sich ein munteres Spiel, bei dem der VfL in den ersten 20 Minuten die Oberhand behielt und – durch Tore von Zoller (10. Minute) und Broschinski (20. Minute) – in Führung ging.
Doch nach der Trinkpause dreht sich das Spiel. Der Oberligist, der in der Saisonvorbereitung schon deutlich weiter ist, kam zu Chancen: Erst rette Ordets für den bereits geschlagenen Esser (32. Minute). Doch nach einem Standard (Ecke) köpfte Eilerts ein (39. Minute) und Steffen (41. Minute) gelang der Ausgleich im dritten Anlauf. Auch wenn sich der VfL zum Ende der ersten Halbzeit noch mal aufbäumte und durch Zoller (42. Minute) noch eine Chance bekam (der Stürmer stand dabei aber im Abseits), blieb es beim verdienten Remis. Insgesamt wirkte die Abwehr – die in der ersten Hälfte mit einer 3er-Kette arbeite – nicht durchgehend stabil. Vor allem bei schnellen Vorstößen von Emden über die Außenbahnen.
Trotz des „mageren“ Ergebnisses gibt es aber auch Gewinner beim VfL: In der ersten Hälfte lieferte Torwart Esser (der an den Gegentoren schuldlos war und drei Paraden ablieferte) eine gute Partie ab. Und vorne überzeugten Broschinski (der in der 35. Minute fasst erneut erfolgreich gewesen wäre) und Daschner (dessen Beweglichkeit dem Spielaufbau des VfL weiterhelfen kann).
VfL wird in der zweiten Halbzeit seiner Favoritenrolle gerecht
Wie angekündigt wechselte Trainer Thomas Letsch zur zweiten Halbzeit fast komplett den Kader. Das Tor hütete jetzt Heufken, der allerdings in der zweiten Halbzeit fast arbeitslos war. Das lag einerseits an der stabileren Abwehr (jetzt wieder mit einer 4er-Kette) und andererseits daran, dass der Oberligist aus Emden mit dem jetzt deutlich schnelleren Spiel des VfL nicht (mehr) mithalten konnte. Zudem zeigte der VfL jetzt auch die Stärke, für die er in den letzten beiden Bundesliga-Saisons bekannt war. Schnelles Spiel, besonders über die Außenbahnen. Oermann (45. Minute) brachte folgerichtig den VfL schnell mit 3:2 in Führung. Hofmann (50. Minute), Stöger (Elfmeter, 56. Minute), Hofmann (58. Minute) erhöhten in schneller Folge. Das Spiel war entschieden und der VfL schaltete einen Gang zurück und ging in den Modus „Spielverwaltung“. Erst scheiterte Holtmann (80. Minute) noch, doch kurz danach (81. Minute) traf er zum 7:2 – eher selten per Kopf. Für den 9:2 Endstand sorgten dann Osei-Tuti (84. Minute) und Antwi-Adjei (85. Minute). Jetzt war das Spielergebnis „standesgemäß“.
In der zweiten Halbzeit (die für sich genommen 7:0 endete) waren zwei Dinge auffällig: Die stabilere Abwehr und das deutlich schwungvollere Mittelfeld und der Angriff. Der emsige Stöger, der routinierte Hofmann und die agilen Außen (Osei-Tuti und Antwi-Adjei) gehören zu den Gewinnern. Auch Holtmann (deren Zukunft beim VfL weiterhin ungewiss ist) zeigte, dass er weiterhin ein Gewinn für den VfL sein kann.
(c) Mario Sachsenweger / Sebastian Sendlak
Letsch: „Wenn wir nachlässig werden, kann jeder Gegner uns wehtun“
Im Gespräch mit Journalisten bewerte VfL-Coach Letsch „drei Viertel“ des Testspiels gut, besonders das Offensivverhalten. Nicht gefallen hat ihm – vor allem in Halbzeit 1 – das Defensivverhalten. Ein Problem, dass Letsch auch aus der zweiten Hälfte der letzten Bundesliga-Saison noch gut kennt. „Wenn wir nachlässig werden, kann jeder Gegner uns wehtun“, betonte Letsch. Auch ein Oberligist. Und erst recht im DFB-Pokal, wenn es in der ersten Runde zur Arminia nach Bielefeld gehen wird.
Insgesamt wirkte die „4er“-Kette in Halbzeit 2 deutlich stabiler als die „3er“-Kette in Halbzeit 1. Im Tor muss sich der VfL aber keine Sorgen machen, denn Esser agierte souverän. Und wenn die verletzten Torleute Riemann und Thiede wieder ins Spielgeschehen eingreifen, ist Bochum im Tor gut gerüstet für die Mission „Klassenerhalt 23/24“. Die Abwehr benötigt aber noch deutlich mehr Stabilität. Zu der Euphorie der Fans und dem Optimismus der VfL – Verantwortlichen trägt auch bei, dass Bochum durch seine bisherigen Neuzugänge und Rückkehrer (5 davon präsentierten sich erstmals in Gevelsberg, Bero kommt bald hinzu) in der Offensive bereits sichtbar an Qualität zugelegt hat. Mit dieser neuen Stärke dürfte es Bochum gelingen, auch seine magere Torausbeute der Saison 22/23 zu verbessern.