Bei der Jubiläumsausgabe des ADFC-Fahrradklima-Tests verschlechtert sich Bochum und landet erneut auf den hinteren Plätzen bei gleich großen Städten.
764 Bochumerinnen und Bochumer haben an der bundesweiten Befragung teilgenommen. Lichtblicke gab es bei der Wegweisung für Radfahrer, die Verfügbarkeit von öffentlichen Fahrrädern (Fahrradverleih) und der geringe Fahrraddiebstahl. Unzufrieden sind Bochums Radfahrende größtenteils mit der Erreichbarkeit des Stadtzentrums sowie das (nicht mögliche) zügige Radfahren. Wahrscheinlich hat der vorerst juristisch gescheiterte Radentscheid und die Enttäuschung darüber zu diesen Ergebnissen mit beigetragen.
Der ADFC Bochum fordert für die Zukunft einen verstärkten Einsatz beim Ausbau der Radinfrastruktur – gerne mit Unterstützung des Bundes durch eine jährliche Fahrradmilliarde und die Erfüllung der selbstgesetzten Ziele. Eine lange überfällige Modernisierung des Straßenverkehrsrechts wird von der Bundesebene erwartet, damit die Mobilitätswende vorankommt.
ADFC-Co-Vorsitzende Gerlinde Ginzel sagt: „Der Fahrradboom hält auch nach der Coronapandemie an – und wir wollen, dass sich alle Menschen auf dem Rad wohl und sicher fühlen. Leider ist das in Bochum nicht der Fall. 84 % fühlen sich beim Radfahren nicht wohl. Dabei ließe sich schon mit kleineren Maßnahmen die Situation deutlich verbessern, beispielsweise durch konsequente Ahndung von Falschparkern auf Radwegen und fahrradfreundliche Lösungen an Baustellen. Das beste Baustellenmarketing sind dabei die fußgänger- und fahrradfreundlichen Baustellen auf der Straße. Das reicht aber nicht. Die Menschen in Bochum wollen Straßen, die einladend zum Radfahren sind. Dafür benötigen wir ein durchgängiges Radwegenetz innerorts. Daher begrüßen wir grundsätzlich das vorgelegte Radverkehrskonzept, welches der Rat im Mai beschließen soll. Doch auch hier wird entscheidend sein, welche konkreten Beschlüsse folgen, denn
es gab schon 1999 ein recht schnell nicht mehr weiter verfolgtes Radverkehrskonzept. Auch benötigen wir sichere und komfortable Radverbindungen in die Nachbarkommunen. Insofern begrüßen wir aktuelle Bestrebungen, die eine verbesserte Anbindung von Wattenscheid nach Essen anstreben. Das ist vermutlich eher realisierbar als der Radschnellweg Ruhr RS1. Wir sehen hier natürlich die kleineren Fortschritte, warten aber wie viele endlich auf umgesetzte Kilometer und nicht Meter. Aber hier ist ja auch noch nicht geklärt, ob die objektiv im Grünen Rahmen nicht eingehaltenen RS1-Kriterien im weiteren Verlauf erfüllt wer-
den. Da werden wir uns jeden weiteren Abschnitt genau anschauen.“
Jens Matheuszik, Co-Vorsitzender des ADFC Bochum, ergänzt dazu: „Wir haben der RS1-Strecke im Grünen Rahmen nicht umsonst die Note ‚ausreichend‘ (mit
Minus?) gegeben. Wir wünschen, dass die Mindestbreite von 4 Metern so eingehalten wird, dass – wo möglich – diese 4 Meter innerhalb der Markierungen bleiben. Dann muss halt etwas breiter asphaltiert werden als geplant, kommt aber dem RS1 Ruhr zugute. Wir können es doch niemanden erklären, dass in Stahlhausen die 4 Meter Regelbreite anders interpretiert werden als in Gelsenkirchen-Ückendorf!“
Damit bezieht Matheuszik sich auf den Abschnitt des RS1 auf Gelsenkirchener Gelände, wo die reine befahrbare Strecke (ohne Bankette, Markierungen) vier Meter Breite entspricht und damit breiter ist als im Grünen Rahmen, was der ADFC Bochum bereits in seiner Stellungnahme 2021 kritisch anmerkte:“Die Breite der Fahrbahn beträgt [in Bochum; Anm. d. ADFC] – unter Berücksichtigung der Begrenzungslinien (grün-weiß) – eher 3,60 bis 3,70 m als die empfohlenen Mindestbreite von vier Metern. Auf Gelsenkirchener Stadtgebiet […] beträgt die Fahrbahnbreite 4,30 bis 4,40 m ein-
schließlich dieser Markierungen.“
Rekord: Rund 245.000 Teilnahmen, 1.114 Städte in der Wertung
Der ADFC-Fahrradklima-Test ist eine der größten Befragungen zur Zufriedenheit der Radfahrenden weltweit. Er wird vom Fahrradclub ADFC alle zwei Jahre mit Unterstützung des Bundesverkehrsministeriums durchgeführt und fand 2022 zum zehnten Mal statt. Rund 245.000 Radfahrerinnen und Radfahrer haben bei diesem Durchgang abgestimmt, davon nur 16 Prozent ADFC-Mitglieder. 1.114 Städte kamen in die Wertung, mehr als jemals zuvor. Bei den 27 Fragen ging es darum, ob man sich auf dem Rad sicher fühlt, wie gut die Radwege sind und wie viel die eigene Kommune für die Fahrradförderung tut. Fünf Zusatzfragen drehten sich dieses Mal um das Radfahren im ländlichen Raum. Damit fundierte Ergebnisse erzielt werden, müssen pro Stadt mindestens 50, bei größeren Städten mindestens 75 beziehungsweise 100 Abstimmungsergebnisse vorliegen. Die Ergebnisse des Tests haben durch die breite Bürgerbeteiligung hohe Aussagekraft und können Kommunen helfen, das Angebot für Radfahrende gezielt zu verbessern.
Quelle: Pressemitteilung ADFC