Das „Schaufenster Stadtgeschichte“ präsentiert einmal im Monat ein besonderes Dokument oder Objekt aus den Beständen des Stadtarchivs – Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte. Auf diese Weise werden nicht nur historische Ereignisse oder Persönlichkeiten vorgestellt. Das „Schaufenster Stadtgeschichte“ gewährt auch einen Einblick in die bunte Vielfalt der historischen Zeugnisse, die zum kulturellen Erbe Bochums gehören und die im Stadtarchiv – Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte verwahrt werden.
Im Februar geht es um „Eine Säge und zwei Soldaten“.
Interessierte können sie auch im Stadtarchiv – Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte, Wittener Straße 47, besichtigen. Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.bochum.de/stadtarchiv.
Beim Betreten des Stadtarchivs – Bochumer Zentrums für Stadtgeschichte fallen sie sofort ins Auge: Zwei überlebensgroße Bronzesoldaten, die bäuchlings auf einer Plattform liegen. Was hat es mit den beiden Statuen und der ungewöhnlichen Art, sie auszustellen, auf sich?
Ursprünglich stand das Denkmal am Haupteingang des Stadtparks an der Ecke Bergstraße/Kurfürstenstraße. Seinen Bau hatte 1931 der Veteranenbund des 4. Magdeburgischen Infanterie-Regiments Nr. 67 beschlossen, der seiner im Ersten Weltkrieg gefallenen Kameraden gedenken wollte. Mit der Ausführung wurde der Dortmunder Bildhauer Walter Johannes Becker betraut, dessen Entwurf ein anschauliches Beispiel für die sogenannte „Deutsche Kunst“ ist: Vor einer drei Meter hohen und acht Meter breiten Sandsteinmauer standen die beiden Krieger, je 2,70 Meter hoch und etwa 500 Kilogramm schwer, gemeinsam eine drapierte Fahne haltend. Sie sollten eine angebliche Kontinuität zwischen dem 1918 aufgelösten Reichsheer (linker Soldat) und der im März 1935 wiedererrichteten Wehrmacht (rechter Soldat – mit Hakenkreuz am Helm) darstellen.
Am 18. August 1935 wurde das Denkmal in einer ganz von NS-Propaganda geprägten Zeremonie eingeweiht. Die überlieferten Redebeiträge der Bundesbrüder verdeutlichen, dass die „67er“ zu diesem Zeitpunkt vollständig hinter der Ideologie des NS-Staats standen. Trotzdem fand nach dem Krieg zunächst keine öffentliche Diskussion über den Umgang mit dem Denkmal statt. Weit verbreitet war die Idee eines „unpolitischen Ehrenmals“, das die Nationalsozialisten für sich vereinnahmt hätten.
Diese Auslegung sorgte spätestens ab den 1960er-Jahren für Spannungen in der Stadtgesellschaft. Nachdem das Denkmal bereits des Öfteren mit Farbe und Parolen besprüht worden war, kam es am 3. Februar 1983 zu seinem Sturz. In den frühen Morgenstunden sägten sechs Personen – fünf Männer und eine Frau zwischen 18 und 32 Jahren – die Beine der Soldaten auf Höhe der Knöchel ab. Als Werkzeug diente die hier ausgestellte Bügelsäge.
Der Denkmalsturz löste in Bochum eine hitzige Debatte um Wiederaufbau und mögliche Alternativen aus. 1984 beschloss der Rat der Stadt, die Mauer im Stadtpark zu einem Mahnmal gegen Krieg und Faschismus umzuwidmen und die beiden Soldaten dem Stadtarchiv zu übergeben. Das restaurierte Denkmal wurde in der Folgezeit nur sporadisch ausgestellt. Seit 2014 ist es wieder dauerhaft öffentlich zu sehen – und zwar liegend, um seine Auffinde-Position nach dem Sturz abzubilden.
Das Hakenkreuz am Helm des rechten Soldaten ist heute nicht mehr vorhanden. Es wurde erst 1982 entfernt. Die Bügelsäge wurde dem Stadtarchiv – Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte im Juni 2019 übergeben.