Das „Schaufenster Stadtgeschichte“ präsentiert einmal im Monat ein besonderes Dokument oder Objekt aus den Beständen des Stadtarchivs – Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte. Auf diese Weise werden nicht nur historische Ereignisse oder Persönlichkeiten vorgestellt. Das „Schaufenster Stadtgeschichte“ gewährt auch einen Einblick in die bunte Vielfalt der historischen Zeugnisse, die zum kulturellen Erbe Bochums gehören und die im Stadtarchiv – Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte verwahrt werden.
Im Januar geht es um das „Programmheft der ersten Bochumer Volkshochschule (1919 – 1923)“. Interessierte können die Exponate auch im Stadtarchiv – Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte, Wittener Straße 47, besichtigen. Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.bochum.de/stadtarchiv.
Im Jahr 2016 feierte die Bochumer Volkshochschule (VHS) ihr 70-jähriges Bestehen: Am 22. November 1946 starteten die ersten Kurse. Dies war im gewissen Sinne eine Wiedergeburt und mit dem zwölfseitigen Programm vom Januar 1921 möchte das Stadtrchiv an diesen „Vorläufer“ erinnern. Der Volkshochschulgedanke wurde Mitte des 19. Jahrhunderts von Nikolai Grundtvig in Dänemark entwickelt. Dort nahm die weltweit erste VHS 1844 ihre Arbeit auf. Als liberaler Reformer setzte er sich dafür ein, dass auch für Erwachsene Bildungsangebote zur Verfügung stehen und für alle Interessierten zugänglich und bezahlbar sein sollten. An diesen sehr demokratischen Vorstellungen war das kaiserliche Deutschland wenig interessiert. Allerdings stiegen die Bildungsanforderungen an die einfache Bevölkerung durch die fortschreitende Technisierung in den unterschiedlichsten Berufen und so entstand der Typus der Real- und der Gewerbeschule.
Erst die Weimarer Republik griff die Idee der Bildungsmöglichkeiten für breitere Schichten wieder auf und verankerte 1919 in der Reichsverfassung in Artikel 148 die Förderung des Bildungswesens auch unter Nennung der Volkshochschulen. In der Folge entstanden im gleichen Jahr im Ruhrgebiet die ersten Schulen. In Bochum startete die VHS am 1. Dezember 1919. Dies war etwas später als in den Nachbarstädten. Auf eine Anfrage des Verbandes „Kommunaler Volkshochschulen Westfalens“ musste Kulturdezernent Stumpf im August 1919 noch einräumen, dass in Bochum keine VHS existiere. Eile war geboten. Als Träger sollte die Stadt agieren, weil sie als politisch neutral galt. Ein Volksbildungsausschuss mit über 30 gesellschaftlich relevanten Gruppen wurde gebildet, wobei der Schwerpunkt eindeutig bei konservativ-bürgerlichen Einrichtungen lag. Telefonisch wurden Kursprogramme aus Dortmund, Essen, Gelsenkirchen und Köln angefordert. Lehrer an den Bochumer Schulen wurden angeschrieben, ob sie nicht Kurse übernehmen könnten. In der Zeitung wurde die Möglichkeit zur Erwachsenenbildung bekannt gemacht. Einzige Voraussetzung war, dass interessierte Personen 18 Jahre alt sein mussten. Die Eröffnungsfeier fand am 29. November um 19 Uhr in der Oberrealschule in der Goethestraße (jetzt Goethe-Schule) statt. Das städtische Orchester spielte auf.
Dieses erste Kapitel der VHS in Bochum wurde jedoch bereits nach gut zwei Jahren wieder beendet und Anweisung des Rechnungsausschusses der Ratsversammlung die Organisationseinheit Volkshochschule zum 1. Januar 1923 aufgelöst. Der Direktor durfte weiterhin ehrenamtlich ohne Bezahlung aktiv bleiben und die Stadtbücherei sollte die Verwaltungsarbeit übernehmen. Wortwörtlich heißt es: „Von einer gänzlichen Schließung der Volkshochschule soll abgesehen werden.“ Allerdings findet sich in den folgenden Verwaltungsberichten kein Hinweis auf diese Tätigkeit der Stadtbücherei und die erste Bochumer Volkshochschule geriet in Vergessenheit. Ihre Tätigkeitsfelder wurden teilweise von anderen Einrichtungen übernommen.
1925 gründete sich die Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie, die Fort- und Weiterbildungen für den gewerblichen Bereich anbot. Zugleich entstand durch die verdienstvollen Aktivitäten von Fritz Wortelmann – der heute noch durch den Fritz-Wortelmann-Preis bekannt ist – das Westdeutsche Vortragsamt, das Vorträge ähnlich der Volkshochschule in der Stadt Bochum und den damaligen umliegenden Gemeinden wie Langendreer und Querenburg anbot.