„Es war wie ein Donnergrollen“, so beschreibt Halterns Bürgermeister Andreas Stegemann die Situation um 18:30 Uhr am Mittwochabend. Es war aber kein Gewitter über Haltern, auch kein Wind, welches das Windrad zum Eisturz hätte bringen können.
Am Donnerstag sollten 65 geladene Gäste die zwei 240m hohen Windkraftanlagen in der unmittelbaren Umgebung des ehemaligen Wetterschachts 9 der Zeche Auguste Viktoria in Haltern Lippramsdorf offiziell einweihen. Aufgrund der Corona-Pandemie ein halbes Jahr nach der Inbetriebnahme beider Anlagen. Sechs Monate verrichteten die Nordex-Anlagen bereits ihre Arbeit. Dabei sollte jede der Anlagen etwa 4,5 Megawatt ins Stromnetz einspeisen. Kostenpunkt: 2 Mio. Euro pro Windrad.
Gebaut wurden beide Anlagen auf einem Betonsockel der Firma Ventur aus Siegen. Eher ungewöhnlich, denn die meisten Windkrafträder haben runde Sockel aus Stahl. In diesen Fällen jedoch fällt das achteckige Grundgerüst schnell auf. Beim zerstörten Windrad sieht man deutlich, die wie einzelnen Bauelemente offenbar versagt hatten und in einer höhe von etwa 20 Metern einen Bruch verursachten.
Bereits am Freitag wollen erste Gutachter vor Ort die Ursache erkunden. Die Gondel, an denen die drei Rotoren befestigt waren scheint bei dem Absturz im Boden verschwunden zu sein. Die Rotoren sind auf dem Boden zerschellt. Einzelteile finden sich noch mehrere Meter abseits der Absturzstelle im Wald verteilt. Zum Glück wurde dabei kein Spaziergänger verletzt. Der Schaden beläuft sich nach ersten Schätzungen auf 6 Mio. Euro.
Glück im Unglück hatten wohl die Gäste, die am Donnerstag das Projekt offiziell feiern wollten. Nur wenige Stunden später wäre eine Katastrophe entstanden, die man sich heute wohl kaum ausmalen will. Das Zelt am Fuße des zweiten Windrades wird daher zu einem Symbol des Glücks an diesem Tag.
Zahlreiche Katastrophen-Touristen fanden sich am Donnerstag nahe der Unglücksstelle ein. Sie wurden enttäuscht, denn das zerstörte Windrad befindet sich mittlerweile hinter einer Absperrung und Sicherheitsposten der Stadtwerke Haltern versteckt in einer Kurve. Zu sehen ist, selbst vom Weg aus, nichts.
Gerade für die Ruhrkohle AG (RAG) ist dieses Projekt ein wichtiger Schritt in die Zukunft, weg von der Kohle. Während der Wetterschacht AV9 noch auf seine Demontage und die Renaturierung wartet, zeigen die Rotoren der Windkraftanlagen in der Umgebung die neue Richtung.
Nach dem Unglück jetzt wurde nicht nur das Nachbar-Windrad, sondern auch 24 weitere baugleiche Windräder in Deutschland vorsorglich abgeschaltet und vom Netz genommen. Die Verantwortlichen in Haltern am See machen deutlich, dass man nach diesem Unglück kaum an diesem Baustil festhalten wolle, dennoch aber an der Stelle Windkrafträder installieren will. Nun wird es wohl eine neue Ausschreibung und neue Genehmigungsverfahren geben müssen. Dauer: 2 Jahre, mindestens.