Hornklee, wilder Möhre, Wiesenflockenblume – dazwischen Bienen, Hummeln und Schmetterlinge, gut versteckt auch Feldhasen und andere wildlebende Kleintiere. Die von Landwirt Patrick Appelbaum angelegten ökologischen Nischen entlang und zwischen seinen Feldern könnten eine Idylle sein. Mittendurch führen jedoch willkürliche Trampelpfade, die von Woche zu Woche bereiter werden, Rückzugsorte zertreten und Erntepflanzen zerstören.
Den Blühstreifen nahe des Heimatmuseums Eppendorf hat der 35-jährige Landwirt erst vor einer Woche neu einsäen müssen. Auf dem Acker prießt bereits ganz zart der erste Raps. „Das hat die Leute leider nicht davon abgehalten, einfach quer durch und drüber zu laufen – zumeist mit ihren Hunden“, berichtet Patrick Appelbaum. Erklärungen, warum das nicht gestattet ist, hätten ihm Drohungen und Beschimpfungen eingebracht. Auch die durch die ökologische Ausgleichfläche – ein Projekt zur so genannten Produktionsintegrierten Kompensation (PIK), das Ökopunkte bringt – ist mittendrin niedergetrampelt. Durch die ganzjährig blühende Pflanzenmischung geht eine gut drei Meter breite Schneise: in der Mitte ein von vielen Füßen festgestampfter Pfad, rechts und links steht nur noch Gras. Ein Trecker würde problemlos durchpassen, doch Patrick Appelbaum befährt sein Feld nur von der anderen Seite, um Blühstreifen und die ökologische Ausgleichsfläche zu schützen.
Angelegt hat er die Blühstreifen und Blühflächen in Zusammenarbeit mit der Stadt Bochum und der Stiftung Westfälische Kulturlandschaft. „14 Hektar Blühstreifen gibt es in Bochum“, erläutert Alexandra Scharpe von der Unteren Naturschutzbehörde. „Dazu kommen 33 Hektar PIK-Flächen.“ Landwirtinnen und -wirte legen die blühenden Ausgleichsflächen durch die EU-Agrarförderung oder freiwillig an. Wenn sie als Pächterinnen und Pächter Grünland bewirtschaften, sind dazu verpflichtet, fünf Prozent der Gesamtpachtfläche als Grasstreifen stehen zu lassen oder als Blühstreifen anzulegen. „Sie übernehmen damit eine wichtige Aufgabe für die Biodiversität, den Artenschutz und das Landschaftsbild in unserer Stadt“, sagt Philipp Heidt, Leiter des Bochumer Umwelt- und Grünflächenamts.
Das Saatgut, das für die mehrjährigen Blühstreifen verwendet wird, ist sogenanntes Regio-Saatgut und besteht für die hiesigen Insekten aus regional vorkommenden Kräutern und Gräsern. Das Saatgut bekommen die Landwirte von der Stiftung Westfälische Kulturlandschaft gestellt, mit der die Stadt Bochum für das Blühstreifenprogramm auf Ackerflächen zusammenarbeitet. „Für die Neuanlage von Blühstreifen erhalten die Landwirte eine Entschädigung, damit sie die Kosten für den Einsatz ihrer Maschinen decken können. Die Finanzierung hat die Stadt Bochum übernommen. Eine Beratung für die Bochumer Landwirtinnen und -wirte sowie die Dokumentation und Kontrolle der Anlage führt die Stiftung Westfälische Kulturlandschaft im Auftrag der Stadt Bochum durch. „Wichtig zu wissen ist auch, dass Blühstreifen teilweise zur Blütezeit gemäht werden müssen, um unerwünschte Entwicklung zu verhindern“, schildert Alexandra Scharpe. „Das ist also keine Zerstörung!“ Pflegeintervalle und Mahdzeitpunkte werden fachlich durch die Stiftung Westfälische Kulturarbeit begleitet. Schilder informieren jeweils vor Ort über die hohe Schutzwürdigkeit der Blühflächen, verschwinden aber immer mal wieder.
Alexandra Scharpe und ihr Kollege Philipp Siebold appellieren daher an alle Spaziergängerinnen und -gänger: „Betreten Sie nicht die Blühstreifen und Ausgleichflächen. Legen Sie keine neuen Trampelpfade an. Respektieren Sie das Eigentums- und Betretungsrecht. Nutzen Sie vorhandene offizielle Geh- und Radwege als Alternative.“ Am Feld von Patrick Appelbaum wäre dies das parallel verlaufende „Parkband West“: Der Geh- und Radweg trägt seinen Namen aufgrund des üppigen Baumbestands zurecht. „Es ist der schönere Weg“, weiß Patrick Appelbaum und wünscht sich für seine Ausgleichflächen, Flora und Fauna sowie Ernte: „Es wäre schön, die Leute würden Einsicht zeigen.“
Quelle: Stadt Bochum