Es sollte ein Fanmarsch zu drei Punkten am Sonntag werden. Punkte gab es keine, dafür harsche Kritik an den „Ultras“, die nicht zum ersten Mal negativ, auch den eigenen Fans gegenüber, aufgefallen sind.
„Nimm das Handy weg, Du Sch……“ schallte es gegen 15:30 Uhr, als ein junges Mädchen die Spitze des Fanmarschs filmen wollte. Auch einer Fotografin mit Hund wurde angegangen, einem Kollege der hiesigen Tageszeitung wurde fast das Handy geklaut. Die Aufforderungen der „Vorläufer“ kamen im Sekundentakt und wurden mit Gewaltandrohungen unterstützt.
„Man filmt Ultras nicht“ heißt es in den folgenden Postings bei Facebook und Co: „… Die haben eigene Gesetze.“ Anerkennen kann man solch ein Verhalten jedoch nicht, denn diese Übergriffe nonverbaler Natur sind in den letzten Jahren häufiger geworden. Gerade bei Auswärtsfahrten haben vermehrt Fans von diesem Fehlverhalten berichtet.
Dabei ist es interessant, wie in anderen Ultra-Foren eben genau diese Aktionen in Videos gefeiert werden. Immerhin ist man ja „Wer“, wenn man Ultra ist.
In Bochum jedoch sind die Ultras mittlerweile alles Andere als die „Stimmungsmacher im Stadion“. Seit Jahren will diese Minderheit der Bochumer Fanszene eigene Meinungen im Verein durchsetzen. In Umfragen wird immer mehr deutlich, dass die klare Mehrheit den VfL Bochum zukunftstauglich sehen will, um die Existenz des Kult-Clubs nicht zu gefährden. „Man muss auch mal unsympathische Entscheidungen akzeptieren“, so ein Fan gegenüber dem Bochum Journal während einer Mitgliederversammlung im letzten Herbst.
Ultras sind nicht die Mehrheit
Es geht um Auslagerungen, Personalien und die „Kommerzialisierung“, die im internationalen Profi-Fußball unabdingbar ist. Sponsoren wie SAP oder Red Bull sind den „Ultras“ ein Dorn im Auge, verhindern können diese Gruppierungen diese Entwicklung jedoch nicht. Die Argumentationen der Ultras: Wenig sachlich, vermehrt bedrohend.
Beim Thema „Auslagerung“ hatten die Ultras 2018 ein ganzes Jahr lang den Support eingestellt. Es dauerte rund einen Monat, ehe die Fans im Stadion selbst das Heft in die Hand nahmen und bewiesen, dass es auch ohne diese Ansager auf dem Zaun geht. Auch in den vergangenen Wochen zeigten die Vorsänger selten ein Gespür für die entsprechenden Gesänge, so dass Block A, gerade in Halbzeit Zwei, vermehrt die Stimmung hochhielt, um den Spielern auf dem Platz in dieser Phase Rückhalt zu geben. Auch gegen Leverkusen war nach dem 0:2 zeitweise Schweigen aus der Ost zu vernehmen. Die sogenannten „Stimmungsmacher“ haben versagt, anders kann man das kaum beschreiben.
Fanmarsch vor dem Spiel gegen Leverkusen
Auch das Thema Pyro geht den Zuschauern immer mehr auf die Nerven. Beim Spiel gegen Leverkusen wurde das gesamte Spiel über die Kurve vernebelt und den Zuschauern die Sicht und der Atem genommen. Neben den körperlichen Schden kommt auf den VfL nach diesen Aktionen auch wieder eine Strafzahlung zu. Die 300.000 € Marke wird wohl geknackt, eine Summe, die für diesen Verein fast einen neuen Spieler bedeutet hätte, aber die Verantwortlichen müssen auch dies einplanen und üben sich seit Jahren in Zurückhaltung bei der Transferpolitik. Auch wenn es keiner in der Vorstandsetage zugeben würde: Die Ulras haben mit ihrem Verhalten einen großen Anteil auch daran.
Problem nicht auf Bochum beschränkt
Das erhöhte Gewalt-Potential hat sich in den letzten Jahren massiv verändert. In den einzelnen Vereinen geht es dabei auch um Macht-Positionen der Gruppierungen bei Entscheidungen und Aktionen. Aktionen anderer „Fanclubs“ werden nur selten unterstützt.
Dass sich Ultras auch in anderen Sportarten tummeln ist sicherlich nicht neu, jedoch der Tatsache geschuldet, dass neue Gruppierungen nur selten in bestehenden Szenen integriert werden. So ist eine Gruppierung vom BVB direkt in den Basketball nach Hagen abgewandert, weil an im Westfalenstadion keine Möglichkeiten sah, sich auszuleben. Bei Preussen Münster gibt es zwei Gruppierungen mit identischer Größe, die mehr gegen, als füreinander agieren. Beim Handball in Lübbecke wurde man von den Fans verjagt und ist direkt zum Nachbarn aus Minden gewechselt, den man zwei Tage zuvor noch mit Hass-Parolen belegt hatte.
Echte „Vereins Liebe“ oder doch nur „Machtspielchen“? Auch die massiven Beleidigungen der eigenen Spieler durch die Bochumer Ultras nach der Niederlage in Köln, lässt die Frage zur Vereinszugehörigkeit zu. Dieses Verhalten schadet auf jeden Fall dem Ruf des VfL Bochum.