Kollektives Aufatmen bei der Mannschaft, den Verantwortlichen und den Fans des VfL Bochum, der das Auftaktspiel des 31. Spieltages gegen die TSG Hoffenheim mit 3:2 (nach 2:0-Halbzeitführung) gewann. Mit dem ersten „Dreier“ nach acht sieglosen Spielen verschafften sich die Bochumer beim „wichtigsten Spiel des Jahres“ mit einem Offensivfeuerwerk (35:12 Schüsse, 9:4 Ecken) nicht nur Luft, sondern auch neue Motivation für den engen Bundesliga-Abstiegskampf. Fast wäre dieser noch enger geworden, aber dieses Mal hatte der VfL die Portion „Spielglück“ auf seiner Seite und verhinderte einen drohenden „Last-Minute“-Ausgleich, der zuletzt zum ungeliebten Markenzeichen der Bochumer Mannschaft geworden war.
„Das wichtigste Spiel der Saison“, sagte Stadionsprecher Michael Wurst vor dem wichtigen Duell. Der VfL begann druckvoll, mit Chancen im Minutentakt. TSG-Torwart Baumann musste in der vierten und sechsten Minute gleich doppelt gegen Hofmann „retten“. Und beim zweiten Mal verhinderte die Querlatte eine frühe Führung des VfL. In der neunten Minute verpasste Stöger knapp. Auf der Gegenseite rettete Bero stark vor Weghorst. Der VfL versuchte das Powerplay aufrechtzuerhalten, aber Hoffenheim bekam mehr Zugriff aufs Spiel.
Für Aufsehen sorgte in der 24. Minute ein „hohes Bein“ von Hofmann an Weghorst im Bochumer Sechzehner. Doch der von Schiedsrichter Stieler gepfiffene Elfmeter für Hoffenheim wurde zurückgenommen, da der „Köllner Keller“ nach langer Prüfung auf eine Abseitsstellung von Weghorst entschied. Prömel (29. Minute) für die TSG und Wittek (31. Minute) für Bochum vergaben Torchancen, bevor es Stöger in der 33. Minute einem abgefälschten Freistoß besser machte. 1:0 für die Blau-Weißen. Anschließend hatte der VfL auf der Gegenseite Glück, als in der 36. Minute das Aluminium den Ausgleich durch Drexler verhinderte.
Die Schlussminuten der ersten Halbzeit, die um sechs Minuten Nachspielzeit verlängert wurden, sind von Emotionen geprägt gewesen. Während die blau-weißen Fans – wie in der gesamten Saison – den VfL lautstark unterstützen und VfL-Sportdirektor Lettau wegen „Meckerns“ auf der Bank die gelbe Karte sah, gelang Passlack in der 45. Minute das viel umjubelte 2:0 nach Vorlage von Broschinski.
Halbzeitführung komfortabel, aber am Ende wurde es wieder eng
Mit der verdienten 2:0-Führung im Rücken suchte der VfL zu Beginn der zweiten Halbzeit die frühe Vorendscheidung, eine Bochumer Tripple-Change (49./ 51./ 55 Minute) war die Folge. Von Conference League-Aspirant Hoffenheim – der kurz nach der Pause dreimal gewechselt hatte – war zu diesem Zeitpunkt wenig zu sehen. Vielmehr zeigten die Bochumer, die in den letzten 21 Heimspielen immer wenigstens ein Tor geschossen haben, dass sie gegen stärkere Teams oft besser als gegen „Mitkonkurenten“ spielen.
Allerdings versäumte es der VfL – wie in einigen Spielen zuvor – aus seinen zahlreichen Torchancen auch Kapital zu schlagen, bis zur 63. Minute, als Stöger das 3:0 nach Vorlage Broschinski gelang. Das Stadion an der Castroper Straße „bebte“ und VfL – Coach Heike Butscher – der nach der Auswärts-Niederlage in Wolfsburg unter der Woche unter Kritik stand, ballte an der Seitenlinie die Fäuste.
Mit einem Doppelwechsel versuchte TSG-Trainer Matarazzo seiner Mannschaft neuen Schwung zu geben. Durch eine Doppelparade (68./ 70. Minute) hielt VfL – Torwart Riemann weiter die Null für seine Mannschaft, die sich nun einem stärkeren Druck der Hoffenheimer ausgesetzt sahen. Und in der Folge fiel in der 73. Minute der 1:3 Anschlusstreffer durch Kramaric. Und es waren noch 20 Minuten zu spielen.
Die VfL „wankte“ und Trainer Heike Butscher versuchte „den Sack zuzumachen“. Er brachte den schnellen Asano für den auffälligen Wittek. Und der flotte Flügelspieler wirbelte gleich vor der heimischen Ostkurve. In der 79. Minute hatte Passlack die endgültige Entscheidung auf dem Fuß, aber Keeper Baumann – neben Weghorst der auffälligste Spieler der TSG – parierte erneut stark.
In einer Phase, in der Druck der Hoffenheimer nachzulassen schien, gelang den Gästen erneut ein Treffer. Kramaric überwand Riemann (84. Minute), der etwas zu weit vor seinem Tor stand. Nun stand es 3:2. Heiko Butscher reagierte und brachte in der 88. Minute für Bero und Hofmann mit Masovic und Daschner zwei frische Kräfte auf den Rasen.
Die Angst vor dem späten Nackenschlag war zu spüren, als die fünfminütige Nachspielzeit begann. Asano hatte die Chance zum 4:2, traf aber nur das Außennetz (93. Minute). Kurz vor Spielende wurde Passlack gegen Gamboa ausgewechselt und dann war nach sieben Minuten Zusatzzeit Schluss.
Ein riesengroßer Stein fiel allen blau-weißen Fans unter den 24.300 Zuschauern vom Herzen. Das erste „Abstiegsendspiel“ ist gewonnen und Bochum schöpft neuen Mut. „Wir leben noch“, sagte Stadionsprecher Michael Wurst und fasste damit gut die Stimmungslage an der Castroper Straße und in der ganzen Stadt zusammen, die dieses Wochenende auch das „Maischützenfest“ feiert.
Passlack: „Der Trainer hat das Team zusammengeführt“
Nach dem Spiel zeigte sich VfL-Spieler Passlack „sehr erleichtert“ über den Sieg, der „Mut, Zuversicht und Selbstvertrauen“ gebe. „Alle haben heute den unbedingten Willen gezeigt“. Mit Blick auf den Trainerwechsel betonte der Torschütze zur 2:0 Halbzeitführung: „Der Trainer hat das Team zusammengeführt“.
Lettau: „Die Mannschaft hat das Herz auf dem Platz gelassen“
Sportdirektor Lettau lobte den „leidenschaftlichen Einsatz“ der Bochumer Mannschaft, „die das Herz auf dem Platz gelassen habe.“ Es war ein verdienter Sieg, den sie dieses Mal auch „bis zum Ende“ verteidigt haben, und dabei „auf dem Zahnfleisch“ gegangen seien. „Wir können viel Positives aus dem Spiel mitnehmen.“
Butscher: „Ziehe den Hut vor der Mannschaft“
VfL-Trainer Butscher betonte im Medienzentrum, welches später wegen eines Feueralarms evakuiert werden musste: „Ich ziehe den Hut vor der Mannschaft und bin stolz auf die Jungs“. Nach den Nackenschlägen in den letzten Wochen gebe der Sieg „viel Selbstvertrauen“ und zeige: „Im entscheiden Spiel sind wir wieder da“.
Schlüsselspieler Asano und Stöger können den Unterschied ausmachen.
Asano – der in der 76. Minute für den auffälligen Wittek kam – hätte beinahe noch das 4:2 erzielt. Auf Bochum-Journal Frage betonte Heiko Butscher nach dem Spiel, dass er seinen schnellen Flügelspieler – nach muskulären Problemen – geschont habe und hoffe, dass er fit für das wichtige Auswärtsspiel gegen Union Berlin werde. Denn Schlüsselspieler wie Asano und Stöger können in engen Abstiegskampf (es stehen nur noch drei Spieltage an) den entscheidenden Unterschied ausmachen.
Nach Abpfiff und Ende der Pressekonferenz musste das Stadion evakuiert werden. Die Feuerwehr war vor Ort und stellte eine Nebelmaschine in der Spielerkabine fest, die den Alarm auslöste.
(C) Jenny Musall