Beim ersten von sechs „Endspielen“ um den Klassenerhalt verpasste der VfL Bochum 1848 am 29. Spieltag der Bundesliga den Befreiungsschlag, wendete aber das Abrutschen auf einen Relegationsplatz ab. Im Heimspiel gegen den 1. FC Heidenheim 1846 e.V. reichte es für kämpferisch stark verbesserte und größtenteils spielbestimmende Bochumer im VONOVIA-Ruhrstadion nur zu einem 1:1. Zwar gingen zwei Punkte verloren, aber die Moral und der Zusammenhalt der Mannschaft sind aus Sicht von Spielern und Vereinsführung gestiegen: „Wir gehen heute als moralische Sieger vom Platz“, betonte VfL-Sportdirektor Marc Lettau.
Auf der Trainerbank des VfL hatte erstmals der neue VfL-Chefcoach Heike Butscher Platz genommen, der für den freigestellten Thomas Letsch die Verantwortung für die erste Mannschaft übernommen hatte. Die blau-weißen Fans empfingen den bisherigen U19-Trainer und laut Stadionsprecher Michael Wurst „Bochumer Urgestein“ freundlich und standen lautstark an der Seite der Bochumer Mannschaft. Und sie sahen eines der emotionalsten Heimspiele ihres VfL seit dem 3:2 Sieg gegen Bayern München.
„Das zweite Wunder möglich machen“, forderten die Fans auf der Osttribüne per Transparent und feuerten ihre Mannschaft – wie bereits während der gesamten Saison – lautstark an. Beide Mannschaften zeigten von Beginn an ein druckvolles Spiel. Heidenheim lief früh an, Bochum versuchte vor allem über die Außenseiten das Spiel schnell zu machen. Die erste Chance des Spiels hatte daher auch Takuma Asano nach 6 Minuten. So fightete VfL um jeden Ball, aber die Heidenheimer hielten dagegen und kamen in der 20. Minute zum ersten Torschuss durch Jan Schöppner.
Da sich beide Mannschaften neutralisierten, verlor das Spiel in der Folge an Fahrt. Trotzdem wurde es größtenteils durch die Bochumer kontrolliert. Aber die zwingende Torchancen fehlten oder entstanden zufällig wie durch Bernardo in der 28. Minute. Die beste Chance vergab Felix Passlack nach 32 Minuten auf dem Rasen, der knapp am Tor von Kevin Müller vorbeiging. Bei Philipp Hoffmann kamen im zentralen Sturm kaum Bälle an und bei schnellen Gegenstößen agierte Bochum zu umständlich. Die blau-weißen Fans auf der Tribüne wurden langsam unruhig und die ersten Pfiffe kamen auf. Zumal Heidenheim beinahe per Kopfball durch Tim Kleindienst die Führung gelungen wäre. Zwei Minuten später war es dann passiert: Beste traf aus kurzer Distanz zum 0:1 aus Bochumer Sicht, doch wegen Handspiel wurde das Tor vom Video-Assist einkassiert.
Ein „Weckruf“ kurz vor dem Ende der Halbzeit, die Bochum zwar größtenteils kontrollierte, sich nur wenige Chancen erspielte und bei den Eckbällen sowie Gegenstößen der Heidenheimer in der Abwehr teilweise wackelte. Somit ging es mit 0:0 in die Pause und Bochum – das sich in der zweiten Hälfte noch steigern muss – wartete weiter auf den Befreiungsschlag im Abstiegskampf.
Bochum wartet weiter auf den Befreiungsschlag
In der zweiten Halbzeit spielte der VfL auf die Osttribüne zu und erhöhte den Druck und in dessen Folge hatte Asano eine Doppelchance und drehte auch das Eckenverhältnis zu Gunsten der Hausherren. Der quirlige Asanso beschäftigte die Heidenheimer Abwehr und traf in der 60. Minute die Querlatte. Fünf Minuten schien es als würde sich Asano für seine starke Leistung belohnen, aber auch sein Tor wurde vom Video-Assist wegen eines vorherigen Ellbogen-Einsatzes von Lossila gegen Mainka aberkannt. Und so blieb es weiterhin beim 0:0, auch weil Bochum weitere Chancen vergaben.
Heidenheims Coach Frank Schmidt wechselte und Heiko Butscher folgte mit einem Doppelwechsel (62. Minute). Moritz Broschinski und Likas Daschner auf Bochumer Seite und Matvin Pieringer auf Heidenheimer Seiten kamen neu ins Spiel, das aufgrund der zwischenzeitlichen Führung von Mainz weitere Brisanz für die Bochumer im engen Abstiegskampf bekam.
Zu Beginn der Schlussviertelstunde erhöhte Heidenheim den Druck und auf der Tribüne mischte sich Sorge um einen drohenden späten „Nackenschlag“ mit der Hoffnung auf einen „Lucky Punch“. Und in der 81. Minute kam es ganz bitter für Bochum. Durcjh ein Slapstick-Eigentor von Keven Schlotterbeck schien Bochum auf die Verliererstraße zu rutschen. Heiko Butscher reagierte dreifach (83. Minute) und brachte Maximilian Wittek, Gonçalo Paciencia und Tim Oermann. Doch der Gegentreffer schien den Bochumer den Wind aus den Segeln zu nehmen. Das Spiel plätscherte vor 24.414 Zuschauern dahin, auch weil Heidenheim doppelt wechselte.
In der 90. Minute wurde es dann richtig laut im Vonovia-Ruhrstadion. Pechvogel Keven Schlotterbeck gelang nach einem Standard der viel umjubelte 1:1 – Ausgleich. Und Bochum versuchte nachzulegen, lautstark nach vorne gepeitscht von den wiedererwachten Bochumer Fans. Den Siegtreffer verpasste Paciencia in der fünften Minute der Nachspielzeit per Kopf, bevor das Spiel – nach einem erneuten Wechsel Heidenheim – von Schiedsrichter Ittrich abgepfiffen wurde.
Einerseits enttäuscht über den verpassten Befreiungsschlag, aber andererseits glücklich über die Leistungssteigerung und die Verhinderung des Abrutschens auf einen Relegationsplatz, beklatschten die blau-weißen Fans ihre Mannschaft vor der Ostkurve.
Fazit: „Zwei Schritte nach vorne und ein Schritt zurück“
Der VfL Bochum machte zwei Schritte nach vorne im Abstiegskampf, da es der Mannschaft gelang als Einheit aufzutreten und gleichzeitig die blau-weißen Fans (wieder) hinter sich zu vereinen. Allerdings auch einen Schritt zurück, da erneut der enorme Aufwand im Sturm nicht richtig belohnt wurde und sich die Abwehr zwar deutlich stabiler, aber erneut anfällig, präsentierte.
Lettau: „Wir gehen als moralische Sieger vom Platz“
In der Mix-Zone betonte Spieler und Vereinsführung unisono die moralische Bedeutung des heutigen Punktgewinns. Trotz der Enttäuschung über den verpassten Dreier, betonte Sportdirektor Marc Lettau: „Wir gehen als moralischer Sieger von Platz und haben es noch selber in der Hand.“ Bochums Kapitän Anthony Losilla ergänzte: „Die Moral ist da, alles ist möglich“ und führte weiter aus: „die Mannschaft steht zusammen und wird das Positive aus dem Spiel mitnehmen.“
Schlotterbeck: „Verlieren verboten“
Für die kommenden fünf Spiele, bei denen Bochum unbedingt Platz 15 halten will, betonte Keven Schlotterbeck nach einem emotionalen Auf und Ab gegenüber den Medienvertretern: „Für uns gilt: Verlieren verboten. Es ist kein Selbstläufer, dass wir in der Liga bleiben“. Denn der Abstand auf den Relegationsplatz ist – aufgrund der wiedererstarkten Mainzer Mannschaft – enger geworden.
Butscher: „Wir müssen kämpfen, kratzen und Leidenschaft zeigen“
Auf Frage des Bochum-Journals betonte Chefcoach Heike Butscher in der Pressekonferenz nach dem Spiel: „Wir müssen als Bochumer immer kämpfen, kratzen und Leidenschaft zeigen. Die Unterstützung der Fans ist dabei enorm wichtig und wir glauben fest an das Wunder und werden alles dafür tun.“ Und dies kann den entscheidenden Unterschied im Abstiegskampf ausmachen.
(C) Sebastian Sendlak / BOND