Nach der Elfmeter-Pleite im DFB-Pokal in Bielefeld und der 0:5 – Klatsche zum Bundesligastart in Stuttgart war der Druck vor der heutigen Heimspielpremiere des VfL Bochum im Vonovia-Ruhrstadion groß. Und gerade jetzt kam der Vizemeister der Vorsaison, Borussia Dortmund, an die Castroper Straße. Chefcoach Thomas Letsch, der wegen den bisher nicht erfolgreichen Umstellungen in der Abwehrkette in der Kritik stand, setzte zum Heimspielauftakt der „Mission Klassenerhalt“ auf vier Neuzugänge in der Startelf. Dort bekam zudem Bero den Vorrang vor Antwi-Adjei. Dieser sitzt, wie der vom SC Freiburg ausgeliehene Kevin Schlotterbeck, auf der Ersatzbank. Dort fehlte – wie gemunkelt – Simon Zoller.
„Wir wollen als der kleine VfL den großen BVB ärgern“, hatte VfL – Trainer in der Pressekonferenz vor dem Revierderby gesagt. Wohlwissend, dass der VfL und der BVB „weit auseinanderliegen“, denn „der BVB ist absoluter Anwärter auf die deutsche Meisterschaft. Wir hingegen werden alles dafür tun, um in der Bundesliga zu bleiben.“ Eine Aufgabe, die im dritten Jahr noch schwieriger als in der letzten Saison werden dürfte. Denn in der Vorsaison, in der der VfL erst am letzten Spieltag durch einen 3:0 – Sieg gegen Leverkusen den Verbleib in der 1. Bundesliga sicherte, hatten sich die Gegner immer besser auf das Spiel des VfL – lange Bälle in die Spitze und schnelle Angriffe über die Außenbahnen – eingestellt. Auch konnte der VfL seine bisherige Stärke bei Standards und langen Einwürfen in den letzten (Test-) Spielen nur selten auf den Platz bringen. Im Gegenteil: Die VfL-Abwehr war bei Standards selber anfällig.
Nach dem Anpfiff von Schiedsrichter Robert Schröder versteckte sich der VfL nicht, die erste Chance des Spiels hatte allerdings der BVB (Brandt, 3. Minute). An der Seitenlinie forderte VfL-Coach Letsch, der am heute seinen 55. Geburtstag feierte, seine Spieler dazu auf, über mehr über die Außenbahnen zu spielen. Über diese wurde auf der anderen Seite die erste Großchance durch Haller durch Riemann (06. Minute) per Glanzparade vereitelt. Der VfL kam zwei Minuten später durch Hofmann zu seiner ersten Chance, die aber Kobel parierte. Doch Bochum erhöhte weiter den Druck und belohnte sich: In der 13. Minute sorgte Stöger sehenswert für das 1:0 in den Winkel des BVB-Tores. Dieses Mal hatte Kobel keine Chance.
Der kleine VfL bereitete dem großen Reviernachbarn Dortmund durch aggressives Pressing und leidenschaftlichen Kampf enorme Probleme, sodass es in der Folge zu mehreren VfL-Chancen (19./21./22. Minute) kam. Das Ruhrstadion bebte und trieb den VfL an. Doch die Chance zum Ausgleich bot sich dem BVB durch Malen (29. Minute), der allerdings ebenso vergab, wie Hofmann, der in der 33. Minute nach einer Ecke an den Querbalken köpfte und wie Brandt, der in der 38. Minute rechts am Kasten des VfL vorbeizielte. Dortmund wirkte zeitweise ideenlos und frustriert, Bochum kämpfte leidenschaftlich und hielt so die Führung auch die über zweiminütige Nachspielzeit bis zur Halbzeit. Es folgten „standing ovations“ der VfL – Fans, die eine der besten Heimspiel-Halbzeiten des Jahres 2023 gesehen haben.
Nach der Halbzeitpause erhöhte Dortmund den Druck und hatte gleich eine erste Chance (46. Minute) durch Bernsebaini. Bochum, das jetzt auf die Ostkurve zuspielte, hatte in der 52. Minute ebenso seine Chance durch Passlack. Dortmund hatte mehr vom Spiel, aber Bochum hielt mit Leidenschaft dagegen. Aber dann war es doch geschehen: In der 66. Minute glich Malen durch einen platzierten Schuss von der Strafraumkante aus, Riemann war machtlos. Und Dortmund wollte mehr, in der 58. Minute gab es die Chancen durch Haller und in der 61. Minute durch Nmecha, das Spiel zu drehen. Und der VfL? Der spielte weiter munter mit, auch wenn die spielerische Überlegenheit des BVB jetzt deutlich sichtbar wurde. Die Fans belohnten den kämpferischen Einsatz des VfL, in dessen Spiel sich aber jetzt auch die ein oder anderen Fehler einschlichen. Einer davon führte zur Gelben Karte für Stöger (66. Minute), dessen von Can abgelenkter Schuss Kobel kurz danach parierte, ebenso Ordets Kopfball nach der anschließenden Ecke. Der BVB hatte weiter den größeren Spielanteil, das kämpferische Plus lag weiter bei Bochum. Die Foulspiele auf beiden Seiten erhöhten sich, ebenso die Gelben Karten durch Schiedsrichter Schröder, dessen Entscheidungen an diesem Nachmittag auf beiden Seiten der Trainerbänke und bei vielen der 26.000 Zuschauern im ausverkauften Vonovia – Ruhrstadion für Kritik sorgten.
Dortmund durfte sich am Ende bei Torwart Kobel bedanken, der in der 85. Minute einen Großchance von Osterhage an den Pfosten lenkte. In der fünfminütigen Nachspielzeit versuchten beide Mannschaften den „lucky punch“. Riemann faustetze den Ball raus und hielt dann einen Schuss aus kurzer Distanz. Anschließend war Schluss. Der VfL erkämpfte sich den ersten – viel umjubelten – Punkt der Saison und hat sich Rückenwind für das Auswärtsspiel in Augsburg am kommenden Wochenende geholt.
(c) Sebastian Sendlak / Bochumer Nachrichten Dienst (BOND)