Der Tierpark + Fossilium Bochum blickt auf ein herausforderndes Jahr 2020 zurück. Die Pandemie und die damit verbundenen, behördlich angeordneten Schließungen haben im Tierpark zu enormen Umsatzverlusten in Höhe von rund 600.000 EUR geführt.
Der aktuell noch andauernde Lockdown bringt auch im neuen Jahr kein Aufatmen. „Uns fehlen schlicht die Einnahmen vor allem durch Eintrittsgelder, aber auch durch zoopädagogische Angebote, Zooshop-Verkäufe und Pachteinnahmen“, berichtet Zoodirektor Ralf Slabik. Allein im Bereich des Veranstaltungswesens verzeichnete der Tierpark 100 % Ertragsverluste, da sämtliche Feste und Aktionstage aus Gründen des Infektionsschutzes abgesagt werden mussten. Im Bereich der Umweltbildungsarbeit kam es zu einem 60 %igen Ertragsverlust und die Bilanz der Besucherzahlen, die in den Monaten der eingeschränkten Betriebsöffnung im Vergleich zu den Vorjahren enorm einbrachen, fällt ebenso ernüchternd aus: „In den vergangenen 12 Monaten, wovon wir 3,5 Monate schließen mussten, zählten wir rund 213.790 Besucher. Dies entspricht nur etwa 60 % der Gesamtzahlen aus 2019“, so Ralf Slabik.
Die fünf zurückliegenden Betriebsjahre stellten bisher eine stetige Erfolgsgeschichte des Tierparks dar. Die Kombination aus großer Artenvielfalt, Modernisierungsmaßnahmen und attraktiven zoopädagogischen Angeboten im außerschulischen Lernort erfreuten sich in Bochum und Umgebung einer großen Beliebtheit und führten zu kontinuierlich steigenden Besucherzahlen. Das Corona-Jahr 2020 bedeutete für den Tierpark somit einen tiefen Einschnitt, dessen Auswirkung sich aktuell umso dramatischer bemerkbar macht: In zoologischen Gärten muss gerade die Herbst- und Winterzeit ‒ mit in normalen Jahren natürlicherweise wetterbedingten verminderten Einnahmen ‒ durch die im vorangegangenen Frühjahr und Sommer erwirtschafteten Rücklagen aufgefangen werden. Das Anlegen eines solchen finanziellen Polsters war in 2020 aber durch den ersten Lockdown im März / April und die anschließende Zeit des Besucherzahl-limitierten Zoobetriebs bis zur nächsten ab dem 02. November beginnenden und immer noch andauernden Betriebsschließung faktisch nicht möglich. Die – trotz der Schließungen ‒ fortlaufenden Kosten für die Pflege der Tiere, die Instandhaltung von Tieranlagen sowie für Personal belaufen sich im Monat auf rund 200.000 EUR. Hinzu kamen 2020 zusätzliche Kosten in Höhe von 50.000 EUR für die Umsetzung von Hygienekonzepten, die Investitionen in Schutzausrüstungen und die Einrichtung von Homeoffice-Arbeitsplätzen. „Unser Einsparpotenzial ist sehr begrenzt, denn auch in Krisenzeiten hat die optimale Versorgung der Pfleglinge für den Tierpark oberste Priorität und erfordert uneingeschränkten Einsatz. Somit ist aus den Bereichen der Zootierpfleger*innen und Zootechniker kein Personal zu entbehren, lediglich in den Abteilungen der Zooverwaltung und der Zoopädagogik ist durch angeordnete Kurzarbeit die Einsparung eines kleineren Teils der Personalkosten möglich. Mehr geht nicht! Wir konnten unsere Ausgaben im letzten Jahr im Wesentlichen Dank der Liquiditätshilfen durch die Stadt Bochum in Höhe von 250.000 EUR decken, die uns schnell und unbürokratisch zur Seite stand und dies in herausragender Weise auch immer noch tut. Besonders wertvoll ist für uns außerdem nach wie vor die Spendenbereitschaft unserer Besucher und Tierpaten, die sehr zahlreich und mit einer beeindruckenden Hingabe ihren Bochumer Tierpark wertschätzen und ihren Beitrag zum Erhalt der Einrichtung leisten.“, berichtet Ralf Slabik. „Besonders rührend sei hier erwähnt, dass viele Kinder kleine Beträge ihres Taschengeldes spenden, dass viele Erwachsene Kleinbeträge überweisen, obwohl ihnen das sichtlich schwerfällt oder auch Schulklassen ihre Klassenkasse stiften!“ Der Zoo hofft sehr, in naher Zukunft wieder öffnen zu dürfen, um zum einen der Bevölkerung einen sicheren Naherholungsraum und einen außerschulischen Lernort bieten zu können und um zum anderen, nicht unverschuldet in eine noch bedrohlichere finanzielle Notlage zu geraten.
Die nach dem Frühjahr 2020 zugesprochenen Fördermittel des Landes für die NRW Zoos konnten lediglich die Ertragsverluste durch den ersten Lockdown und das nur in Teilen kompensieren. Nun wartet der Tierpark auf die Auszahlung der dringend benötigten November- und Dezemberhilfen des Bundes, die entgegen der öffentlichen Versprechungen bis auf eine Abschlagszahlung auf die Novemberhilfe bis dato nicht erfolgt sind. „Aus der Sicht des Unternehmens ist die Tatsache, dass die Prüfung der Anträge so langwierig ist, existenzbedrohend, da die betrieblichen Kosten stetig weiterlaufen“, erläutert Ralf Slabik. „Und da von einer Betriebsschließung bis zu den Osterferien ausgegangen werden kann, sind die Bundesmittel aus der Überbrückungshilfe III für die Monate Januar bis März 2021 ebenfalls von existenzieller Bedeutung, wenn auch aktuell verfahrenstechnisch bedauerlicherweise noch ungeklärt.“
Im Sinne der Welt-Zoo-Naturschutzstrategie hat sich der Zoo der Umweltbildung, der Forschung und des Artenschutzes verschrieben. Ralf Slabik: „Diese Aufgaben machen den Kern einer jeden modernen zoologischen Einrichtung aus. Gerade wenn davon auszugehen ist, dass die Ursachen einer solchen Pandemie u.a. im Biodiversitätsverlust, in der Lebensraumzerstörung und in der Problematik des Wildtierhandels liegen, wird deutlich, wie wichtig die Arbeit der zoologischen Gärten in den genannten Bereichen ist. Somit sind finanzielle Unterstützungen für diese Einrichtungen zwingend notwendig und eine nachhaltige Investition in die Zukunft, um das gesellschaftliche Bewusstsein für den Tier-, Natur-, Arten- und Umweltschutz zu fördern und den weltweiten Rückgang der biologischen Vielfalt aufzuhalten.“
Mit dem Jahreswechsel stand im Tierpark + Fossilium Bochum auch die jährliche Tierinventur an. Das Ergebnis: Aktuell leben 3.846 Tiere in 330 Arten im Bochumer Zoo. Das Aquarien- und Terrarienhaus beherbergt dabei die meisten Individuen. Süß- und Meerwasserbecken, naturnahe Wüsten- und Regenwaldanlagen geben dabei Einblicke in faszinierende Habitate und Lebensgemeinschaften. Die jüngsten Neuzugänge, die bei der großen Zählung dokumentiert wurden, sind die sechs Jungtiere der Afrikanischen Zwergziegen, die um den Jahreswechsel herum geboren wurden. Darüber hinaus gab es seit der letzten Inventur einige zoologische Veränderungen in Bochum. Besonders ausschlaggebend war dabei natürlich die Eröffnung der „Asienwelten“, die gleich neun neue Tierarten zeigen. Mit erstmaligem Zuwachs bei den gefährdeten Waldrappen und Kune Kune-Schweinen durfte sich das Tierpark-Team außerdem über besondere Nachzuchterfolge freuen.
Quelle: Tierpark und Fossilium Bochum